Die Kindertransporte

 

Konzept und Regie: Hans-Werner Kroesinger

Raum, Kostüme, Video: Constanze Fischbeck

Dramaturgie: Karola Marsch

 

mit: Birgit Berthold, Stefan Faupel, Niels Heuser,

Corinna Mühle

 

Theater an der Parkaue, 2006

Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin 2007

 

 

 

Die schiefe Ebene des Raumes ist von der Architektur des jüdischen Museums und dem Gedanken an eine Bahnsteigkante inspiriert. Der Teil der Schräge, der sich auf der Drehbühne befand, war beweglich. Zusätzlich gab es 4 halbkreisförmig angeordnete Monitore, die historisches footage in verschiedenen Vergrößerungen zeigte.

 

 

„Ruth, ein acht - oder zehnjähriges Mädchen aus Berlin, wollte nicht nach England. „Ich wollte in den Zoo.“ Dass sie nach England gefahren ist, alleine, ohne ihre Eltern, ohne einen einzigen Verwandten oder Freund in der Fremde, hat ihr das Leben gerettet. Ruth war eines von etwa 10.000 jüdischen Kindern, die 1938 und 1939 Nazideutschland verlassen und nach England emigrieren konnten. Ein Beschluss der britischen Regierung erlaubte ihnen die Einreise, allerdings nur ohne ihre Eltern und nur, wenn ein jüdisches Hilfskomitee in England Bürgen für sie nachweisen konnte. Hans-Werner Kroesinger, bekannt für seine spröden und doppelbödigen Dokumentartheater-Inszenierungen hat die Geschichte dieser Kindertransporte zu einem berührenden Theaterabend verdichtet. Das Bühnenbild ist eine leere Schräge auf einer Drehbühne, auf der die vier Schauspieler ihre Lebensgeschichten und Kindheitserinnerungen erzählen: „ Ich versuchte verzweifelt, mich so tapfer zu verhalten, wie es sich für einen 13-jährigen Jungen gehört. Das heißt, ich verbrachte den ganzen Tag auf der Toilette, damit man meine Tränen nicht sah.“ Der Abend ist auf völlig unsentimentale weise beklemmend, er rutscht in keinem Augenblick in Betroffenheitskitsch ab. Wenn einer der Schauspieler erzählt, wie irgendwann ein Brief an die Eltern mit dem Vermerk „Verschickt nach Ausschwitz“ zurückkam, wird das so nüchtern wie nur denkbar gezeigt - und ist gerade deshalb fast unerträglich. Birgit Berthold, Corinna Mühle, Stefan Faupel und Niels Heuser gelingen eindringliche Figurenzeichnungen und das Kunststück, immer wieder Momente von trockener Komik einzubauen.“ Peter Laudenbach, tip vom 03. Mai 2006